1Der Rotbrättgrat auf die Jungfrau via Goldenhoren und Silberhorn wird selten begangen, ist aber eine grandiose Tour in wilder Umgebung. Da im grossen Netz nicht allzu viele aktuelle Informationen vorhanden sind, gebe ich solche gerne weiter. Diese Fotoserie hat darum primär einen dokumentarischen Charakter (an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an René Gysin, dass ich seine Bilder hier verwenden darf). Klein im Bild die wunderschöne Firnpyramide des Silberhorns von Lauterbrunnen aus gesehen - diese Pyramide hat's mir angetan...
2Schon der Aufstieg von Stechelberg zur Silberhornhütte SAC (2663 m) ist ein Erlebnis für sich (T5) und gibt einen kleinen Einblick auf die morgige Tour (abschüssiges Schrofengelände, aber durchgängiger Pfad und weiss-blau-weisse Markierungen)
3Blick zum Eiger
4Silberhornhütte SAC (2663 m). Diese Selbstversorger-Hütte bietet 12 Plätze und ist bestens eingerichtet: Holzofen, Pfannen, Geschirr (sogar ein Abtropfsieb für unsere Spaghetti), Holz, Beil, elektrisches Licht, Duvets (!) und Getränke (Mineral, Wein) stehen für den Gast bereit
5Der morgige Routenverlauf wird begutachtet. Der Rotbrättgrat hat seinen Namen vom Rotbrätt, der rötlichen Felswand rechts im Bild
6Der Aufstieg wird von Urs sogar noch rekognosziert. Gleichzeitig holt er Wasser für die Spaghetti
7Rotbrättgrat. Zuerst rechts, dann links des Baches geht es hoch zum ersten Schneefeld in der Bildmitte. Über dieses hinweg und oben rechts in einem Linksbogen zum zweiten Schneefeld. Der Aufstieg zur Jungfrau wird im Tourenführer mit 8-12 Stunden angegeben, Schwierigkeit S
8In der Selbstversorgerhütte gehört der Abwasch auch dazu
9Um 4.20 Uhr marschieren wir los. Über viel loses Geröll steigen wir zum ersten Schneefeld hoch, montieren die Steigeisen und seilen an. Wir verlassen das Schneefeld oben rechts...
10... wo eine hübsche Kletterei in abwärtsgeschichtetem Kalk beginnt. Der Fels ist hier etwas fester, Sicherungsmöglichkeiten sind aber kaum vorhanden. In einem weiten Linksbogen...
11... gelangen wir zum zweiten Schneefeld. In diesem Gelände zahlt es sich doppelt aus, dass Urs am Vortag bis hier oben aufgestiegen ist und die beste Routenwahl rekognosziert und mit Steinmännchen markiert hat
12Zweites Schneefeld
13Über brüchigen Fels verlassen wir das Schneefeld...
14...und gelangen so an die senkrechte Felswand
15Leicht nach links ansteigend erreichen wir die Kette, welche glücklicherweise wieder in Stand gestellt wurde (bis vor kurzem waren gemäss Internet-Berichten diverse Sicherungspunkte ausgerissen)
16Nach der Kette erreichen wir nach einem Rechtsbogen das abschüssige Band. Auch hier viel loses Gestein und nur wenig Sicherungsmöglichkeiten (Friends). Bis hierhin ist das Gelände nicht schwierig (Kletterei bis 2. Grad), aber einfach heikel
17Von diesem Band führen verschiedene Risse nach oben auf den Grat. Wir folgen dem Band fast bis ans Ende, wo ein kleiner abgespaltener Turm und eine alte Stand-Schlinge uns den Weiterweg weisen: Ein schöner Riss in kompaktem Fels führt uns nach oben
18Gemäss Tourenführer ist es eine 4b-Stelle, aber ich knorze so als wäre es eine 6 (im Bild übrigens Urs, der das Ganze etwas eleganter angegangen ist)
19Wir sind nun auf dem Grat und folgen diesem, einzelne Stellen links in der Flanke umgehend. Irgendwann tauchen auch zwei etwas verloren dreinblickende Sicherungsstangen auf
20Der Grat
21Im Hintergrund winken schon das Goldenhoren (etwas rechts der Bildmitte) und das Silberhorn (links).
22Aber vorher kommt noch das Fellenbergflieli: Eine abdrängende, rund 6 m hohe Felswand mit einem uuuh dicken Strick drin. Die linke Hand am Fels (gute Griffe!), die rechte am Seil, und auffi geht's. In den diversen Routenbeschreibungen tönt diese Stelle wilder, als sie wirklich ist
23Im Vorstieg ist es natürlich schon etwas anstrengender...
24Und hier noch das ganze Fellenbergflieli. Der Name kommt übrigens vom fast-Erstbesteiger Herr von Fellenberg, der leider vor diesem Aufschwung kapitulieren und umkehren (!) musste
25An diesem 10. Juli 2015 sind zwei Seilschaften auf dem Rotbrättgrat unterwegs: Karin und René sowie Urs und ich. Bergführer Urs geht voran, sucht die beste Aufstiegsroute (super, herzlichen Dank!) und zieht mich ab und zu am Seil hoch. Karin und René folgen uns und machen schöne Fotos (ebenfalls herzlichen Dank!)
26Kurz vor dem Goldenhoren (es heisst tatsächlich so) geht der Felsgrat in ein Firnfeld über, das sich immer steiler aufstellt. Die Verhältnisse sind perfekt.
27Die Schwerkraft drängt nach unten. Knapp links der Bildmitte ist auf dem Sattel ganz klein die Silberhornhütte erkennbar
28Dann wird es etwas flacher und bald stehen wir auf dem Silberhorn (3695 m, der linke Schneegipfel; Punkt 3707 befindet sich rechts davon)
29Die Tour ist aber noch nicht ganz zu Ende: Über ein schönes und teilweise scharfes und luftiges Gneisgrätli gehts etwa 100 Höhenmeter runter zur Silberlicka (ohne Höhenangabe in der LK)
30Der Fels ist nun recht kompakt und eben: Gneis anstelle von Kalk. Wir klettern alles möglichst auf der Gratkante ab
31Auf der anderen Seite gehts natürlich wieder hinauf, wobei ein grimmig aussehender Gendarm recht einfach auf der linken Seite über griffigen Fels erklettert werden kann
32Wir klettern mit den Steigeisen, da zwischendurch immer wieder Schnee auftaucht. Aber auch das schönste Gneisgrätli hat ein Ende...
33... und über steilen Firn (das Silbergrätli) erreichen wir den Hochfirn, der zum Gipfel der Jungfrau führt
34Auf dem Hochfirn angekommen
35Gipfel in Sicht. Anfangs Juli ist der Gletscher noch gut eingeschneit und problemlos zu begehen
36Kurz vor dem Gipfel helfen wir gerne einem "armen" Gleitschirmflieger beim Start (der ständig drehende Wind hat ihm dauernd den auf dem Gletscher ausgelegten Schirm zerzaust). Wieviele Stunden er schon geübt hat, wissen wir nicht...
37Eine kurze Felsstufe noch...
38... und bald...
39... sitzen wir auf dem Gipfel der Jungfrau (4158 m), 7.5 Stunden nach dem Start von der Silberhornhütte
40Herzlichen Dank, Urs, für diese grandiose Tour!
41Konkordiaplatz
42Aletschhorn
43Jeder Bergsteiger weiss, dass die Tour erst zuhause beendet ist. Das gilt insbesondere für den Abstieg von der Jungfrau, der im Bereich des Rottalsattels nochmals volle Aufmerksamkeit erfordert
44Jetzt aber sind wir unten (Eiger und Mönch)
45Nochmals unsere Route: Jungfrau mit Silberhorn und Silberhornhütte (im Sattel rechts im Bild)
46Fazit: Der Aufstieg ist zwar im ersten Teil wirklich sehr brüchig, aber mit einer guten Spürnase für die richtige Routenwahl durchaus machbar - halt richtig alpin. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn sich mehrere Seilschaften im Aufstieg befinden. Ein paar Friends können gute Dienste leisten und überhaupt das Wichtigste: Die Schutzengel nicht vergessen - sie helfen gerne!